Mahnrufe
Ach mein Graz
Ach mein Graz, was tut man dir an / welche Wunden schlägt man dir
einst Stadt im Grünen, versinkst du jetzt in Beton
man schlägt deine Bäume, umgräbt dein Grün, frisst an deinen Parks
man zerstört deine Altstadt mit ihren roten Dächern / fügt den Häusern tiefe Wunden zu
zerstört deine einst noblen Villen / alles nur aus planloser Gier
Die Mur dein Fluss ist Gerinne geworden / Zufluss zu einer Energiefabrik
die Stadt wuchert wie ein Krebsgeschwür nach allen Seiten
das Innere ist tot, abgestorben, entblößt von Bewohnern / Massenquartiere wachsen an deinen Rändern
nur aus Bildern und Fotografien kennen wir die alte Stadt / die harmonisch eingefügt in der Landschaft lag
Unsere Enkelkinder werden in einer anderen Welt leben.
Herbert Lipsky (8043 Graz, Anton Wildgansweg 23)
Was sich die Designerin Lena Hoschek wünscht.
Dass bei allem Wirtschaftswachstum und städtebaulichen Entwicklungen darauf geachtet wird, dass die schönen Villengegenden und alten Bausubstanzen erhalten bleiben, die den Charme von Graz ausmachen ...". (Aus: So richtig echt. Grazer Innenstadt. Frühling 2018).
Ein stiller (Villen-)Tod
Zum Bericht "Abrissgefahr für alte Villa": Mit dem offenbar schon genehmigten Abbruch der Villa Rudolfstraße 25 geht ein für den ganzen Ruckerlberg identitätsstiftendes Bauwerk verloren. Die an ein kleines Landschlösschen erinnernde Villa prägt diesen Teil des Ruckerlberges wie kaum eine andere Villa. Es ist traurig, dass Altstadtkommission, Baubehörde, Denkmalamt, Baudirektion, Stadtplanungsamt und Politik scheinbar nicht in der Lage sind oder kein Interesse haben, der von zahlungskräftigen Investoren vorangetriebenen, immer rascher fortschreitenden Zerstörung der charakteristischen Villenarchitektur am Ruckerlberg und in anderen Grazer Villenvierteln Einhalt zu gebieten. Es geht nicht darum, Neubauten zu verhindern, aber nicht zum Preis der unwiderruflichen Zerstörung der vorwiegend qualitätsvollen charakteristischen Altbausubstanz. Ein gefällter Baum kann immerhin in wenigen Jahrzehnten nachwachsen, ein abgebrochenes Gebäude bleibt unwiederbringlich verloren. Das historische architektonische Erbe ist ein hohes Gut - wir sind in der Kulturhauptstadt Graz dabei, es nachhaltig zu zerstören.
Friedrich Bouvier, Landeskonservator für Steiermark i. R., Graz
("Der Grazer", 19. Februar 2017, S. 14).