Vinzenz-Muchitsch-Straße 42
Österreich » Steiermark » Graz » 8020
47° 3' 4.13" N, 15° 25' 36.52" E
Der ehemalige Weissenhof
Zeugt schon die baukünstlerische Beschreibung von der Bedeutung des Gebäudes, so überzeugt ein Blick auf seine Geschichte noch mehr. Leider haben Historiker und Kunsthistoriker ziemlich verwirrend die Geschichte des Hofes beschrieben und die spärlichen Quellen auf mehrere Objekte "verteilt". So wird in der Kunsttopographie von 1984 der Weissenhof mit dem wenig bedeutenden "Dengghof" gleich gesetzt, der weiter südlich gelegen war (heute Triester Straße 128) und seinen Namen von einem Landkutscher namens Tengg hatte. Das Studium der Ansicht von Vischer, die Weintazkarte von ca. 1735 (siehe Abbildung 2) und frühe Kartenwerke lassen jedoch keinen Zweifel daran, dass es hier nur einen großen Hof gegeben hat, der im Laufe seines Bestehens unterschiedliche Namen trug (Weissenhof, Zechnerhof, Seenußhof). Dass die Siedlung der 1940er Jahre Denggenhof-Siedlung heißt, ist wohl ein Übertragungsfehler. Lassen wir die historischen Fakten sprechen: Auf einer durch den Abbruch der Baureste nach 1940 verschwundenen Tafel war die Jahreszahl 1567 zu sehen gewesen. Der Hof war dann 1580 – 1590 mit anderen Gründen von Erzherzog Karl II. aufgekauft worden. Hier ließ er von 1584 bis 1590 von den Architekten Antonio Tade und Antonio Marmoro als Sommersitz ein Jagd- und Lustschloss bauen, die spätere „Karlau“. Als der erzherzogliche Hof 1618 nach Wien übersiedelte, weil Karls Sohn als Ferdinand II. Kaiser wurde, hat man die Karlauer Wirtschaftsgründe und darauf stehenden Gebäude rasch abgestossen. Um 1622 kaufte Kammerrat F. Zehentner vom Landesfürst das „Weiße Haus“, gelegen bei den zwei Porten (Toren) des Jagdschlosses. Unter Johann Andres Zehentner von Zehentgrub erfolgten vor 1689 Umbauten durch die Baumeister BARTHOLOMÄUS EBNER und JOACHIM CARLONE. 1689 verkauften die Erben dem F. Frheiherrn von Stadl den Hof „mit dem alten und neuen Gebäude“, Turm und Meierhof. Vor 1701 war Graf Sidenitsch Besitzer. Dennoch nennt die Weintazkarte den Hof damals noch "Zechnerhof", was einer Verballhornung des Besitzer-Namens Zehentner entspricht. 1723 wurden die Gründe zerstückelt. 1734 wird der Landkutscher Tengg auf einem Meierhof sitzend genannt, 1754 sein Witwe. Die Gült (Einkünfte der Herrschaft) kaufte 1754 das Kloster Neuberg. 1786 erwarb die Freiin von Seenuß das Gut mit zwei Untertanen, der Hof führte danach den Namen "Seenußhof". Ihre Tochter Elisabeth heiratete 1834 den k. k. Oberlieutenant Matthias Laukhard, dem dann 1845 das Adelspatent "Edler von" verliehen wurde. Auf die jüngere Geschichte machte eine Bewohnerin aufmerksam, die von einem Schloss Denggen gehört hatte, deren jüdische Besitzer vertríeben worden waren. Tatsächlich konnten Karoline Latzer und E. Strauß als Besitzer um 1936 festgestellt werden. Karoline Latzer war eine 1887 geborene Grazer Jüdin, die 1921 zum evangelischen Glauben übertrat, um in der Heilandskirche heiraten zu können. Als 1941 ihr Mann gestorben war, bedeutete dies das Ende der "geschützten Ehe". Karoline Meixner wurde als Volljüdin registriert und nach Theresienstadt deportiert. Sie erlebte aber noch die Befreiung des Lagers 1945 und starb 1956 in Graz.
(Nach: Pirchegger, Häuserbuch; ÖKT 1984; Halbrainer, 2010; Laukhardt, Seenußhof)