Vinzenz-Muchitsch-Straße 42

Aus Baugeschichte

Österreich » Steiermark » Graz » 8020



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47° 3' 4.13" N, 15° 25' 36.52" E


Der ehemalige Weissenhof

Nur mehr eine eindrucksvolle Steinmauer zeugt heute von der Stelle, an der ein Garten südlich an den "Weissenhof" anschloss. Man sieht eingesprengte Spolien, zum Teil aus rötlichem Adneter Marmor, was darauf hindeutet, dass hier ein vornehmer Bau gestanden haben muss. In der "Topographia" von Matthäus Vischer aus 1681 (Abb. 1) erkennt man noch den einst stattlichen, durch Mauern und Tore gesicherten großen "Weissenhof", einen Meierhof, bestehend aus mehreren zweigeschossigen Gebäude und Nebengebäuden. Entlang der heutigen Kapellenstraße stand ein langer Trakt,der sich dann hakenförmig wieder zurück wand. Diesen Wirtschaftstrakten mit Ställen und Scheunen stand an der Straße ein traufseitig einzeln stehen¬des Wohnhaus gegenüber, das Zugang hatte zu einem Ziergarten mit vier kunstvoll angelegten Blumenparterren; weiter westlich gab es einen Zier-Brunnen und ein Lusthaus. Südlich davon breitete sich ein aus acht großen Abteilungen bestehender Gemüsegarten aus, durch den ein Weg zu einem an der Südmauer gelegenen Pavillon führte. Im Westen der Anlage lag ein "Baumgarten", also eine Obstanlage.

Zeugt schon die baukünstlerische Beschreibung von der Bedeutung des Gebäudes, so überzeugt ein Blick auf seine Geschichte noch mehr. Leider haben Historiker und Kunsthistoriker ziemlich verwirrend die Geschichte des Hofes beschrieben und die spärlichen Quellen auf mehrere Objekte "verteilt". So wird in der Kunsttopographie von 1984 der Weissenhof mit dem wenig bedeutenden "Dengghof" gleich gesetzt, der weiter südlich gelegen war (heute Triester Straße 128) und seinen Namen von einem Landkutscher namens Tengg hatte. Das Studium der Ansicht von Vischer, die Weintazkarte von ca. 1735 (siehe Abbildung 2) und frühe Kartenwerke lassen jedoch keinen Zweifel daran, dass es hier nur einen großen Hof gegeben hat, der im Laufe seines Bestehens unterschiedliche Namen trug (Weissenhof, Zechnerhof, Seenußhof). Dass die Siedlung der 1940er Jahre Denggenhof-Siedlung heißt, ist wohl ein Übertragungsfehler. Lassen wir die historischen Fakten sprechen: Auf einer durch den Abbruch der Baureste nach 1940 verschwundenen Tafel war die Jahreszahl 1567 zu sehen gewesen. Der Hof war dann 1580 – 1590 mit anderen Gründen von Erzherzog Karl II. aufgekauft worden. Hier ließ er von 1584 bis 1590 von den Architekten Antonio Tade und Antonio Marmoro als Sommersitz ein Jagd- und Lustschloss bauen, die spätere „Karlau“. Als der erzherzogliche Hof 1618 nach Wien übersiedelte, weil Karls Sohn als Ferdinand II. Kaiser wurde, hat man die Karlauer Wirtschaftsgründe und darauf stehenden Gebäude rasch abgestossen. Um 1622 kaufte Kammerrat F. Zehentner vom Landesfürst das „Weiße Haus“, gelegen bei den zwei Porten (Toren) des Jagdschlosses. Unter Johann Andres Zehentner von Zehentgrub erfolgten vor 1689 Umbauten durch die Baumeister BARTHOLOMÄUS EBNER und JOACHIM CARLONE. 1689 verkauften die Erben dem F. Frheiherrn von Stadl den Hof „mit dem alten und neuen Gebäude“, Turm und Meierhof. Vor 1701 war Graf Sidenitsch Besitzer. Dennoch nennt die Weintazkarte den Hof damals noch "Zechnerhof", was einer Verballhornung des Besitzer-Namens Zehentner entspricht. 1723 wurden die Gründe zerstückelt. 1734 wird der Landkutscher Tengg auf einem Meierhof sitzend genannt, 1754 sein Witwe. Die Gült (Einkünfte der Herrschaft) kaufte 1754 das Kloster Neuberg. 1786 erwarb die Freiin von Seenuß das Gut mit zwei Untertanen, der Hof führte danach den Namen "Seenußhof". Ihre Tochter Elisabeth heiratete 1834 den k. k. Oberlieutenant Matthias Laukhard, dem dann 1845 das Adelspatent "Edler von" verliehen wurde. Auf die jüngere Geschichte machte eine Bewohnerin aufmerksam, die von einem Schloss Denggen gehört hatte, deren jüdische Besitzer vertríeben worden waren. Tatsächlich konnten Karoline Latzer und E. Strauß als Besitzer um 1936 festgestellt werden. Karoline Latzer war eine 1887 geborene Grazer Jüdin, die 1921 zum evangelischen Glauben übertrat, um in der Heilandskirche heiraten zu können. Als 1941 ihr Mann gestorben war, bedeutete dies das Ende der "geschützten Ehe". Karoline Meixner wurde als Volljüdin registriert und nach Theresienstadt deportiert. Sie erlebte aber noch die Befreiung des Lagers 1945 und starb 1956 in Graz.

(Nach: Pirchegger, Häuserbuch; ÖKT 1984; Halbrainer, 2010; Laukhardt, Seenußhof)


Kommentare

Das kunsthistorisch und geschichtlich bedeutende Gebäude, das unter verschiedenen Namen bekannt war, musste nach 1940 dem Bau eines Teiles der Triestersiedlung weichen. Die Besitzer wurden deportiert, um Bauplatz für andere Menschen zu schaffen, die ihre Heimat verloren hatten ... Die einzige Erinnerung an den einst bedeutenden Bau stellt die Gartenmauer dar, die teilweise noch aus der Erbauungszeit stammende Reste aufweist. Wenigstens dieser kümmerliche Rest sollte der Nachwelt zu erhalten bleiben. Die Aufstellung einer Erklärungstafel wäre ebenfalls zu empfehlen. Laukhardt 19:17, 31. Okt. 2011 (CET)

Einzelnachweise

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