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Im Zentrum des Dorfes Weinzödl steht gegenüber dem Kraftwerk an einer Straßengabelung eine Wegkapelle, lt. Inschrift 1864 erbaut, ein Rechteckbau mit Apsis, Dreiecksgiebel und einem Glocken-Giebelreiter; der schlichte Altaraufbau ist spätbarock-klassizistisch, die am Boden stehenden Figuren der Maria und des Johannes Evangelist entstammen dem 4. Viertel des 18. Jahrhunderts, beiderseits der Altarnische Wandfresken, vermutlich aus der Erbauungszeit. Die denkmalgeschützte Kapelle ist wahrscheinlich die Nachfolgerin eines Kreuzes, das hier - knapp vor den gefährlichen Katarakten des Murdurchbruches - den Schutz der auf dem Floß Reisenden gewährleisten sollte, wie Kyselak 1825 dramatisch schilderte. Fritz Popelka nennt es 1935:
Nicolaikreuz bey dem Weinzedlfach.
Gegenüber der Kapelle das eher unscheinbare Haus Nr. 36, daneben auf Nr. 37 ein auffälliger zweigeschossiger Bauernhof mit Schopfwalmgiebel, wohl aus dem 18. Jahrhundert, heute mit modernisierten Fenstern, ansonsten mit provisorisch wirkendem Fassadenputz. Vielleicht bestand hier das Wirtshaus des Alois Pirker „zur Kapelle“.
(Nach: Hans von der Sann, Andritz; DEHIO 1979)
Dieses vom Jungfernsprung gut sichtbare Ensemble ist das Kernstück des ehemaligen Weinbauerndorfes Weinzödl. Noch 1829 wird hier ein Hof mit dem Vulgonamen "Weinzerl" genannt, daraus lässt sich beweisen, dass der Dorfname ursprünglich für eine Ansammlung von Winzern (Weinzierl) stand, die noch 1726 als "Wein-Zedeleien" bezeichnet wird.
Der älteste, in Weinzödl gemachte Fund, betrifft ein Speichenbruchstück eines Megaceros giganteus, eines Riesenhirsches aus dem „Diluvium“, dem Eiszeitalter. In der späten Kaiserzeit wird in Weinzödl ein römischer Gutshof vermutet, weil um 1920 in der Schottergrube von Maria Gagel (nördlich der heutigen Bundesstraße) aus Gräbern hochgewachsener Menschen (demnach Noriker, keine Römer) mehrere Glasgefäße geborgen wurden. Als am 22. August 1147 Markgraf Ottokar III. Besitztümer von Stift Rein auf das obersteirische Kloster St. Lambrecht tauscht, wird der Dorfname erstmals erwähnt, es heißt in der Urkunde
duo predia ad Winzurle. 1313 spricht das Verzeichnis der Pfandbriefe der österreichischen Herzöge von einem Dorf
villam in Weinzürl. 1373 wird eine St. Gotthards-Kapelle zu Weinzierl genannt. 1386 verkauft ein Juden-Konsortium mit Nissim (sein Grabstein ist im Grazer Burghof eingemauert) durch Geldschuld zugefallene Güter an Abt David von St. Lambrecht. 1532 zerstören osmanische Horden St. Gotthard, der Hof liegt lange öde. Für 1559 wird der Bau der ersten Weinzöttlbrücke oberhalb der von den Murschiffern gefürchteten Stromschnellen angenommen, weil hier die Grazer Bürger einen Beitrag leisteten; vermutlich wurde die Brücke von Johann Seifried von Eggenberg 1673 erneuert, als Kaiser Leopold auf dem Wege zur Vermählung mit seiner zweiten Gemahlin, Claudia Felicitas von Tirol, im Schloss St. Gotthard bewirtet wird. 1753 spricht ein Urbar aus der Zeit Maria Theresias vom Lambrechter "Gute Gotthart", dem wohl die Bauern und Winzer von Weinzödl zinspflichtig waren. Nachdem das Kloster St. Lambrecht 1786 aufgelöst worden war, kauft 1804 Karl Graf von Attems die Untertanen und vereinigt sie mit seiner Herrschaft Gösting. Noch im Franziszeischen Kataster von 1829 sind große Weingärten verzeichnet, den größten unterhalb des heutigen Klettergartens. Erst die nach der Revolution von 1848 angeordnete Grundbefreiung von 1850 löste Bauern und Winzer von der Herrschaft.
Weinzödl von der Ruine Gösting aus - Laukhardt 2011
Kapelle gegenüber Nr. 36, hinten Nr. 37 - Laukhardt 2011
Der Hof in Weinzödl 37 - Laukhardt 2011
Inneres der Kapelle - Laukhardt 2011
Das Haus Weinzödl 37 ist nicht denkmalgeschützt und liegt auch in keiner Altstadt-Schutzzone. Seiner Erhaltung bzw. gestalterischen Verbesserung sollte großes Augenmerk gewidmet werden, wozu eine Ausweisung als Dorfgebiet wünschenswert wäre (siehe auch Weinzödl 37 und Weinzödl 44).